PSYCHISCHE BEEINTRÄCHTIGUNGEN
Häufig werden psychische Erkrankungen als gesteigerte übernormale Emotion erklärt. Nach der Erklärung wäre die Steigerung der Freude, die Manie. Die Steigerung der Traurigkeit, wäre demnach die Depression, die der Angst eine Angststörung. Natürlich kann diese Erklärung ein wenig versuchen anderen die Emotionen zu erklären, aber wer wirklich mal eine Depression hatte, kann solch eine Erklärung nicht verstehen. Nur wer einmal eine depressive Störung hatte, kann nachvollziehen was für ein Gefühl es ist, in der Frühe aufzuwachen und alleine der Gedanke an das Aufstehen schon zu einer Resignation führen, da es kaum umzusetzen ist.
Anziehen, Essen machen, alles erscheint so unendlich schwer. Und dann die Gedanken, die eigenen Schuldvorwürfe, die Ängste, das Leid, dafür ist es fast unmöglich Worte zu finden, dass ein anderer mitempfinden kann. Beschreibungen wie versteinert, leer, lebendig tot würden den Zustand zum Teil treffend Beschreiben. Natürlich gibt es auch schwächere Verläufe. Und häufig befinden sich Menschen in einer Phase, in der sie „nur“ keine Lebensfreude empfinden und „nur“ eine imaginäre, teilweise nicht zu beschreibende geistige Müdigkeit und Unlust verspüren.
Frauen erkranken doppelt so häufig wie Männer an einer depressiven Episode. Dies hat auch gesellschaftliche Gründe. Alles wirkt, auch die gesellschaftlichen Verhältnisse. Sie prägen Gedanken, Verhaltensweisen, Werte, Meinungen, Rollen usw. Trotz aller Emanzipation sind Frauen heute immer noch häufiger, oft auch durch die Familie, mehrfachbelastet und finanziell schlechter gestellt, mehr von Armut betroffen und so weiter. Im Grunde genommen ist eine Depression auch eine Aggression die nach innen gegen sich selbst gerichtet ist und nicht nach außen gelebt wird.
Obwohl nicht geleugnet werden kann, dass die depressive Episode eine genetische Komponente besitzt, kann die Genetik nicht als die alleinige Ursache gesehen werden. Es gibt Menschen die haben die Veranlagung, eher als andere an einer psychischen Erkrankung zu erkranken. Dies bezeichnet man auch als Prädisposition oder Vulnerabilität. Auch die depressive Verstimmung hat eine psychische Funktion und eine Ursache, die in dem Erlebten liegt. Das was wir erlebt haben, die Leitbilder die uns eingeprägt wurden, führen uns häufig zu Selbstbildern, die nicht unserem Naturell entsprechen und das kann zu einer depressiven Episode oder zu einer anderen psychischen Erkrankung führen. Siehe hierzu mein Podcast zu „Ursachen von Krankheiten“.
Carl Rogers, ein Psychologe und Psychotherapeut, der entscheidend an dem Ausbau der humanistischen Psychologie mitgearbeitet hat und die personenzentrierte Gesprächstherapie entscheidend prägte, war der Auffassung, dass ein nichtübereinstimmendes Verhalten (Inkongruenz) eines Menschen von seinem Naturell/Persönlichkeit zu seinem tatsächlichen Verhalten psychische krankmachen kann. Zum Beispiel, wenn ich „immer“ ja sage und eigentlich nein meine, dann verhalte ich mich inkongruent (nicht stimmig). Ebenso wenn ich mich Normen und Erwartungshaltungen unterwerfe, die ich für nicht richtig halte bzw. die meiner Persönlichkeit wiedersprechen. Einfach gesagt, wenn ich mich vernachlässige, nicht wichtig nehme, mich nicht um mein inneres Kind bemühe, dann verhalte ich mich inkongruent und das kann zu Depressionen führen.
Je nach Schwere der Erkrankung muss teilweise eine medikamentöse oder sogar eine stationäre Behandlung eingeleitet werden, besonders, wenn Selbstmordgedanken konkret vorliegen. Hier ist die erste Anlaufstelle, wenn kein Notfall besteht, der Hausarzt. Dieser ist geschult, die Symptomatik einzuschätzen und die weitere sinnvolle Behandlung einzuleiten.
Bei leichteren Verläufen oder nach der stationären Behandlung sind Gespräche sehr hilfreich. Zu verstehen, was zur Auslösung der Erkrankung und was die Ursachen sind, hilft besser mit sich und seinem Leben umzugehen. Dazu ist die Bearbeitung von unguten Erlebnissen, die zur Auslösung oder Ursachen beigetragen haben, notwendig. Von einem inkongruenten Verhalten zu einem kongruenteren Verhalten zu kommen (siehe oben) hilft zufriedener sein.